- “Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen.” (William Faulkner)
Mit dem Titel “Medienstadt” prahlt der Mainzer gerne. Dass die Stadt in der “guten alten Zeit” auch als Metropole der Medienkontrolle in die Annalen der Kommunikationsgeschichte Eingang fand, ist weniger bekannt.
In der Bundesfestung Mainz residierte ab 1819 mit der “Central-Untersuchungs-Commission” die erste bundesstaatliche Überwachungsbehörde (unter anderem für Medieninhalte) auf deutschem Boden.
PRISM in der Biedermeieridylle (auf diesen Zusammenhang hat jetzt Don Alphonso hingewiesen). Die Mainzer Zentralkommission wurde im Rahmen der Karlsbader Beschlüsse mit “Beschluß betreffend die Bestellung einer Centralbehörde zur nähern Untersuchung der in mehreren Bundesstaaten entdeckten revolutionären Umtriebe” am 20. September 1819 ins Leben gerufen.
Zweck war die “gemeinschaftliche, möglichst gründliche und umfassende Untersuchung und Feststellung des Thatbestandes, des Urprungs und der mannigfachen Verzweigungen der gegen die bestehende Verfassung und innere Ruhe, sowohl des ganzen Bundes, als einzelner Bundesstaaten, gerichteten revolutionären Umtriebe und demagogischen Verbindungen, von welchen nähere oder entferntere Indicien bereits vorliegen, oder sich in dem Laufe der Untersuchung ergeben möchten.”
Ihren Dienstsitz hatten die Mainzer Nachrichtendienstler (zumindest 1825) in der Großen Bleiche. Für dieses Jahr weist das Adressbuch dort im Haus “Lit. D 292” die “Central=Untersuchungs=Commission” nach. Heute steht dort unter der Hausnummer 18-20 ein nüchternes Bürogebäude.
Ob die Kommissionsschergen damals ihren Observations- und Sanktionspflichten auch 24/7 oblagen und zum Beispiel Pferdedroschken mit ähnlichen Verbotsschildern von ihrer Ausfahrt wegscheuchten, kann nicht mehr ermittelt werden.