Rathausplattform

Rathausplattform

    “Hiermit aber hat die Poesie, als eine brotlose Kunst, gar nichts zu schaffen, gegen welche sich daher auch eine auffallende Gleichgültigkeit und Verachtung überall bemerkbar macht.” (Joseph von Eichendorff, 1857)

Dass es sich bei den weißen Brocken nicht um Brotkrumen, sondern um Kunst handelt, hat die Taube nicht sofort bemerkt. So hat sie zunächst verwundert und vergeblich herumgepickt. Die kleinen Steinchen sind Teil eines Skulpturenprojektes.

Zwölf Studenten der Kunsthochschule Mainz haben sich kreativ mit der Ödnis der Mainzer Rathausplattform auseinandergesetzt. Unter dem Arbeitstitel “Ausrastern” präsentieren sie ihre Resultate vor Ort. Dazu gehört auch die Installation “Remission”. Die Künstlerin hat Bitumenestrich auf den Platz ausgegossen und die erstarrtem schwarzen Pfützen mit Ziersteinchen garniert. Das soll wahrscheinlich die Monotonie der Bodenplatten aus Kieselsteinbeton thematisieren, verfremden und/oder aufbrechen.

Die Taube denkt sich „Das ist mir Hekuba“ und trippelt weiter, nur um vom nächsten Kunstwerk irritiert zu werden. “Taubenimbiss” verheißt eine Reklame auf einem Verkaufswagen – natürlich keine Snack-Gelegenheit für hungrige Vögel, sondern eine mobile Grillstation – ironischer Verweis auf das gebrochene Verhältnis zum gurrenden Stadtgeflügel.