Titinillus – Satyr mit Bücherkiepe, Landesmuseum

Satyr mit Bücherkiepe

    “Die Untersuchung, woher die Druckfehler entstanden und wem die Schuld beyzumessen, wollen wir ja unterlassen; das Geschäft ist schon complicirt genug, das Verfehlte kann nur die Aufmerksamkeit auf das Folgende vermehren.” (Goethe, 1827)

Ein kleiner schelmischer Satyr präsentiert sich in der Glasvitrine. Mitten im bukolischem Porzellan-Ambiente steht er da, die Bücherkiepe auf dem Rücken voll mit der neuesten Schäferdichtung für die nette Hofdame von nebenan – scheinbar ganz der perfekte Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste.Titinillus benennt ihn die Hinweistafel im Landesmuseum.

    Nun ist Titinillus aka Titivillus aka Tutivillus beileibe nicht der galante Rokoko-FAMI, für den man ihn halten könnte. Der bocksbeinige Gehörnte gehört zum Heer der Unterteufel und war ursprünglich für die Disziplin beim Beten und Bereuen zuständig. Er sammelte die verhunzten, nur nachlässig oder falsch ausgesprochenen Silben der Gebete ein, damit sie beim Jüngsten Gericht gegen den sündigen Nuschler verwendet werden konnten. In einigen Mysterienspielen wird ihm dazu nachgesagt, als “agent provocateur” Mönche abgelenkt und Nonnen zu gar unchristlichen Gedanken verleitet zu haben.

      Über die Zeiten wandelte sich seine Arbeitsplatzbeschreibung. Mit Säkularisierung und der Verbreitung gedruckter Massenmedien verlegte er sich darauf, Druck- und Satzfehler in Bücher und Zeitungen einzuschmuggeln: Hurenkinder, Schusterjungen, Zwiebel- und Blindfische etc. pp.