“Da stürzet die raubende Rotte | hervor aus des Waldes nächtlichem Ort…”

Rottenstein bei Gustavsburg

    Rottenstein bei Gustavsburg

“… den Pfad ihm sperrend, und schnaubet Mord | und hemmet des Wanderers Eile | mit drohend geschwungener Keule.” (Schiller)

Auf dem Maindamm zwischen Gustavsburg und Rüsselsheim passiert der Radfahrer auf der Nachmittagstour wieder einmal die beiden verwitterten Feldsteine. Es sind vierkantige Sandsteine mit leicht obelisker Deckfläche. Als Inschriften liest er auf den Seiten die Ortsnamen und das Wort “Rottenstein”.

Den Begriff “Rotte” kennt die Gegenwartssprache fast nur noch in der negativen Ausprägung der Bedeutung. Wenn Schwarzkittel in städtischen Grünanlagen marodieren, warnt die Lokalpresse vor einer “Rotte Wildschweine”. Üble Konnotationen auch im Strafgesetzbuch (§ 124 StGB, schwerer Hausfriedensbruch):  “Wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet…”

“Rotte” hat mittellateinische Wurzeln und bezeichnet, Grimms Wörterbuch folgend, ursprünglich eine “abtheilung, schaar”. In Landsknechtsheeren waren Rotten kleine oder größere Einheiten. In Städten und Gemeinden wurden dagegen zivile “Rotten” gebildet. Diese Einteilung der Bürgerschaft geschah, so das “Deutsche Rechtswörterbuch”, zu gemeinnützigen Zwecken, für Nachtwachen etwa oder zum Brandschutz.

In dieser Bedeutungslinie stehen auch die Rottensteine auf den Dämmen an Main und Rhein. Rotten waren Bürger, denen die Überwachung der Dämme bei Hochwasser oblag. Rottensteine markierten Deichverteidigungsabschnitte und grenzten im Fall Zuständigkeit und Verantwortlichkeit von Gemeinde zu Gemeinde ab. Bei gefährlichen Pegelständen laufen heute noch kleine Teams (je zwei Mann) in Rottengängen ihren Abschnitt ab und kontrollieren auf Wassereinbrüche und Risse.